Wortberichterstattung über Prominente,
was ist zulässig, was ist verboten?

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Teil 3 der Reihe Persönlichkeitsschutz von Prominenten: Wenn Presseberichte über den Informationszweck hinausgehen

Nicht nur Bildnisveröffentlichungen von Prominenten spielen vor den deutschen Zivilgerichten immer wieder eine Rolle. Ebenso häufig wehren sich betroffene Prominente auch gegen Wortberichterstattungen der Presse, deren Folgen nicht weniger schwerwiegend sein müssen als eine Bildnisveröffentlichung.

Der dritte Teil der Reihe „Persönlichkeitsschutz von Prominenten“ befasst sich daher eingehender mit dem Äußerungsrecht und lässt den Bildnisschutz außen vor. Kurz angerissen wurde die Thematik bereits im 2. Teil der Beitragsreihe, als es darum ging, was in Bezug auf Kinder prominenter Persönlichkeiten zu beachten ist.

Dabei gilt auch bei den Erwachsenen: Prominente haben ein Recht darauf, dass ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht im Rahmen von Berichterstattungen akzeptiert und vor allem respektiert wird. Wie dies im Einzelnen von den Medien umzusetzen ist, kann nicht pauschal mit einem Satz beantwortet werden, sondern bedarf immer einer Einzelfallabwägung zwischen den kollidierenden Interessen.

Das öffentliche Informationsinteresse

Wortberichterstattungen sind grundsätzlich durch die Meinungs- und Pressefreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG geschützt. Gesetzgeber und höchstrichterliche Entscheidungen betonen immer wieder den hohen Stellenwert dieser Freiheitsrechte im Hinblick auf eine funktionierende Demokratie.

So formulierte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seiner Entscheidung „Pedersen u. Baadsgaard/Dänemark“ aus dem Jahr 2004 wir folgt (vgl. EGMR, NJW 2006, 1645, beck-online):

„Wenn die Presse auch bestimmte Grenzen nicht überschreiten darf, insbesondere hinsichtlich des guten Rufs und der Rechte anderer sowie der Notwendigkeit, vertrauliche Informationen nicht zu verbreiten, hat sie doch die Pflicht, in einer Weise, die mit ihren Verpflichtungen und ihrer Verantwortung vereinbar ist, Informationen und Ideen über alle Fragen öffentlichen Interesses zu vermitteln.“

Damit spricht der EGMR ein entscheidendes Abwägungskriterium an, nämlich die Frage nach dem öffentlichen Interesse. Wann ein solches vorliegt, ist wiederum nicht legal definiert, sondern muss ebenfalls anhand der gegebenen Umstände ermittelt werden. So können beispielweise ein gewisser Bekanntheitsgrad oder der Zusammenhang mit einem aufsehenerregenden Ereignis ein öffentliches Interesse begründen.

Prinzipiell muss es sich aber um keine bedeutende Angelegenheit handeln. Auch Belanglosigkeiten oder kuriose Elemente können zu einem öffentlichen Interesse führen. Nach Auffassung des BVerfG sind ebenso rein unterhaltende Beiträge vom öffentlichen Interesse umfasst, da diese ebenso an der öffentlichen Meinungsbildung teilnehmen (vgl. BVerfGE 101, 361 (389 ff.)).

Die Sphärentheorie im Rahmen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

Wichtigster Gegenspieler des öffentlichen Interesses ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Prominenten. Dieses Recht findet sich nicht nur auf nationaler Ebene durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 GG, sondern auch im internationalen Recht. So gesteht Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ausdrücklich jedermann ein Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens zu.

Dem Grunde nach stehen sich das allgemeine Persönlichkeitsrecht und das Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit gleichwertig gegenüber. Das BVerfG betont in seiner Entscheidung „Gen-Milch“ sogar ein weiteres Mal die Wechselbezüglichkeit zwischen der Meinungsfreiheit und den grundrechtlich geschützten Persönlichkeitsrechten (vgl. BVerfG, GRUR-RR 2011, 224). Folglich stehen die benannten Rechte nicht nur nebeneinander, sondern beeinflussen sich auch gegenseitig.

Während im Rahmen der Meinungs- und Pressefreiheit auf das öffentliche Interesse zurückgegriffen wird, bedient man sich zur Bestimmung der Eingriffsintensität in Bezug auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht oft der sogenannten Sphärentheorie. Hierbei handelt es sich um ein abgestuftes Schutzkonzept, welches über die Jahre durch die höchsten Gerichte entwickelt wurde und stetig weiter ausgeformt wird. Dabei wird grundsätzlich zwischen drei Eingriffsebenen (Sphären) unterschieden: der Intim-, Privat- und Sozialsphäre.

Nach gefestigter Rechtsprechung des BGH genießen sogenannte „sensible Informationen“, die der Intim- oder Geheimnissphäre zuzuordnen sind, besonderen Schutz. Die Intimsphäre wird dabei als unantastbarer innerer Lebensbereich verstanden. Was im Einzelnen darunter zu verstehen ist, kann wiederum nicht mit einer kurzen Definition beantwortet werden, sondern bedarf einer Abwägung im Einzelfall. Da jedoch Informationen aus dem Bereich der Intimsphäre absolut geschützt werden und daher grundsätzlich ein öffentliches Interesse an ihnen verneint wird, ist der Anwendungsbereich sehr eng ausgestaltet. Ausdruckformen der Sexualität wurden aber beispielweise als zur Intimsphäre zugehörig angesehen.

Auf der 2. Ebene ist die Privatsphäre angesiedelt. Diese wird von der Rechtsprechung in verschiedene Schutzdimensionen aufgeteilt. Eine Dimension verfolgt einen thematischen Ansatz und betrifft insbesondere solche Angelegenheiten, die von dem Grundrechtsträger einer öffentlichen Erörterung oder Zurschaustellung entzogen zu werden pflegen. In räumlicher Hinsicht gehört zur Privatsphäre ein Rückzugsbereich des Einzelnen, der ihm insbesondere im häuslichen, aber auch im außerhäuslichen Bereich die Möglichkeit des Zu-Sich-Selbst-Kommens und der Entspannung sichert und der das Bedürfnis verwirklichen hilft, in Ruhe gelassen zu werden (vgl. NJW 2008, 1793, beck-online). Zur Privatsphäre zählen beispielweise Informationen über den Krankheitszustand einer Person. Für Aufsehen sorgte diesbezüglich eine Entscheidung des BGH aus dem Jahre 2016 (vgl. BGH, BeckRS 2016, 111827), wo es darum ging, ob eine Berichterstattung über den Krankheitszustand von Michael Schuhmacher zulässig war. Der BGH betonte dabei ausdrücklich, dass der Presse nicht generell untersagt werden dürfe, öffentliche Verlautbarungen einer in der Öffentlichkeit bekannten Person zu seinem medizinischen Zustand zum Anlass einer Darstellung über die aus medizinischer Sicht zu ergreifenden Maßnahmen und die zur Verfügung stehenden medizinischen Hilfsmittel zu machen. Allerdings müsse auch ein Prominenter keine plakativen und konkreten Angaben zu seinem Gesundheitszustand hinnehmen, wenn er gegenüber der Öffentlichkeit lediglich allgemeine und abstrakt gehaltenen Angaben getätigt hat. Als unzulässig, wenngleich fragwürdig, wurde auch die Veröffentlichung von privaten Whats-App und Facebook Nachrichten angesehen (vgl. LG Köln, BeckRS 2015, 14101).

Letztlich verbleibt im Rahmen des Persönlichkeitsschutzes noch die Sozialsphäre. Diese betrifft den Bereich, in dem sich die persönliche Entfaltung von vornherein im Kontakt mit der Umwelt vollzieht, so insbesondere das berufliche und politische Wirken des Individuums. Entsprechend niedrige Anforderungen werden hier an ein öffentliches Informationsinteresse gestellt. Äußerungen im Rahmen der Sozialsphäre dürfen nur im Falle schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht mit negativen Sanktionen verknüpft werden, so etwa dann, wenn eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen sind oder der streitgegenständliche Artikel schlichtweg auf unwahren Tatsachen beruht. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung hat der Einzelne keine absolute, uneingeschränkte Herrschaft über „seine“ Daten; denn er entfalte seine Persönlichkeit innerhalb der sozialen Gemeinschaft. In dieser stelle die Information, auch soweit sie personenbezogen ist, einen Teil der sozialen Realität dar, der nicht ausschließlich dem Betroffenen allein zugeordnet werden könne (vgl. BGH, NJW 2012, 771, beck-online). So mussten sich beispielweise die Ochsenknecht-Söhne gefallen lassen, dass nach einem Vorfall in der Münchener Innenstadt über ihr Verbringen zur Polizeidienststelle identifizierend berichtet wurde.

Selbstöffnung gegenüber den Medien

Im Zusammenhang mit berühmten Persönlichkeiten stellt sich immer wieder die Frage, wie es sich auswirkt, wenn Prominente selbst an die Öffentlichkeit treten bzw. die Medien zu ihrer Vermarktung nutzen. Diese sogenannte Selbstöffnung spielt vor allem bei solchen Informationen eine Rolle, die an sich der Privatsphäre angehören würden und daher einen starken Schutzreflex des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auslösen.

Es ist jedoch überwiegend anerkannt, dass derjenige, der bewusst die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit sucht, sich im Nachhinein nicht auf sein Recht auf Privatsphäre berufen kann, nur weil ihm vielleicht das Ergebnis der Berichterstattung nicht zusagt.

Allerdings muss auch in diesem Zusammenhang differenziert vorgegangen werden, wie schon die Entscheidung in der Sache „Michael Schuhmacher“ gezeigt hat. Geben Prominente bestimmte Tatsachen aus ihrem Privatleben preis, heißt das noch lange nicht, dass die Presse jegliche Sorgfaltspflichten missachten und über jedes einzelne private Detail berichten darf. Vielmehr muss die Berichterstattung immer auch einen Zusammenhang zu der konkreten Selbstöffnung erkennen lassen. Halten sich Prominente hingegen bedeckt und geben lediglich allgemeine Information frei, darf die Presse diesen abgesteckten Rahmen im Allgemeinen auch nicht verlassen.

Fazit zur Wortberichterstattung über Prominente

Wie sich zeigt, können auch im Bereich der Wortberichterstattung nur wenige eindeutige Aussagen zur Zulässigkeit bzw. Unzulässigkeit von Berichterstattungen getroffen werden. Fest steht zwar, dass die Wortberichterstattung grundsätzlich einem öffentlichen Interesse dienen muss und das Informationen aus dem Bereich der Intim- und Privatsphäre einen ausgeprägten Schutz genießen. Was das allerdings im konkreten Einzelfall bedeutet, werden im Ergebnis die mit der Sache befassten Rechtsanwälte und Gerichte entscheiden.

Weitere Beiträge zur Reihe Persönlichkeitsschutz von Prominenten

 

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